Allgäu - Das Projekt „Sprachbrücke“ der Diakonie Allgäu ist mit dem 1. Preis des Diakoniewettbewerbs 2025 „Stark für Demokratie“ ausgezeichnet worden. Es unterstützt Menschen mit Flucht- oder Migrationserfahrung durch geschulte ehrenamtliche Sprachmittlerinnen und Sprachmittler, die selbst Migrationserfahrung mitbringen. Sie begleiten Gespräche bei Beratungsstellen, Behörden, Schulen oder Ärztinnen und Ärzten und vermitteln dabei nicht nur Sprache, sondern auch Verständnis für Abläufe, Hintergründe und Strukturen unserer demokratischen Gesellschaft und der Herkunftskultur.
Die „Sprachbrücke“ wurde 2020 gegründet und wird von Bereich Asyl und Migration der Diakonie Allgäu hauptamtlich begleitet. „Unser Projekt ist für alle Menschen mit Flucht- oder Migrationsgeschichte da, egal ob sie zum Beispiel über EU-Zuzug hierhergekommen sind oder sich im Asylverfahren befinden“, erklärt Anke Heinroth, Leiterin des Bereichs Asyl und Migration. „Derzeit wurden 98 ehrenamtliche Sprachmittlerinnen und Sprachmittler aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern von uns qualifiziert, viele davon sind schon seit Jahren aktiv.“ Eine große Motivation für die Mitwirkenden sei es, den Menschen das Ankommen im neuen Land leichter zu machen, als es die meisten selbst erlebt haben. Die Sprachmittlerinnen und Sprachmittler unterstützen die Menschen in vielfältigen Lebensbereichen, in denen sprachliche Barrieren zu Hürden für Teilhabe werden und ermöglichen ihnen so, ihre Anliegen selbstbestimmt zu vertreten, ihre Rechte wahrzunehmen und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. „Wichtig ist dabei nicht nur eine 1-zu-1-Übersetzung, sondern das Erläutern von Abläufen, Hintergründen und bürokratischen Vorgängen in unserer demokratischen Bundesrepublik – und auf der anderen Seite Verständnis für kulturelle Hintergründe zu schaffen. Es ist wunderbar zu sehen, dass ihre Hilfe konkret etwas verändert“, so Anke Heinroth.
Die besondere Stärke der „Sprachbrücke“ liege in der Kombination aus niedrigschwelligem Zugang, gut geschultem Ehrenamt mit Empathie und kulturellem Hintergrundwissen und der engen Zusammenarbeit mit sozialen Beratungsstellen, Ämtern, Schulen, Kitas, medizinischen Einrichtungen und weiteren Trägern der sozialen Arbeit.
Die Sprachmittlerinnen und Sprachmittler durchlaufen bei der Diakonie Allgäu Zertifizierungskurse zu den Themen interkulturelle Sensibilität, Neutralität und Gesprächsführung im Umgang mit herausfordernden Situationen. In Austauschrunden und Fortbildungen beschäftigen sie sich mit Themen wie Vielfalt, Gleichberechtigung und demokratisches Miteinander. Neue Fortbildungen zu Demokratieverständnis, Teilhabe und interkultureller Kommunikation sind in Planung. Dazu gehört auch, mit den Sprachmittlerinnen und Sprachmittlern zu zentralen Orten der Demokratie in Bayern zu reisen. Anke Heinroth betont: „Die Sprachbrücke ist partizipativ organisiert. Das heißt, die Ehrenamtlichen bringen ihre eigenen Erfahrungen und Ideen aktiv ein, tauschen sich regelmäßig aus und gestalten Inhalte mit. Sie wirken in ihren Communities als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, indem sie Wissen über das deutsche Werte- und Bildungssystem, bürokratische Abläufe und demokratische Strukturen weitergeben.“
Den 1. Preis des Diakoniewettbewerbs 2025 „Stark für Demokratie“ in Höhe von insgesamt 4.000 Euro, gestiftet von der St. Gumbertus Stiftung Ansbach, teilen sich die „Sprachbrücke“ der Diakonie Allgäu und das Projekt „Brückenbauer 2.0“ der Diakonie Augsburg. „Das Preisgeld werden wir gezielt in die Weiterentwicklung unseres Projekts und die Unterstützung der Ehrenamtlichen investieren“, so Heinroth. „Geplant sind zusätzliche Fortbildungen, Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Dankeschön-Veranstaltungen, die Wertschätzung vermitteln und den Zusammenhalt stärken.“
Das Projekt „Sprachbrücke“ der Diakonie Allgäu erhält finanzielle Unterstützung durch kirchliche Träger, Spenden und Förderprogramme der EU. Die Gelder werden vor allem für Schulungen, Koordination, Materialien und Personalkosten eingesetzt und bilden die Grundlage, um das Ehrenamt nachhaltig zu begleiten und qualitätsvoll auszubauen.
Auf dem Bild:
von links: Pfarrer Oliver Englert (Ansbacher St. Gumbertus Stiftung), Roland Hüber (Vorstandsvorsitzender Diakonie Allgäu), Justyna Ndulue und Andreas Katt (beide Sprachbrücke der Diakonie Allgäu), Anke Heinroth (Leitung Asyl und Migration Diakonie Allgäu), Dr. Sabine Weingärtner (Präsidentin Diakonisches Werk Bayern), Ayse Kimya (ehrenamtliche Sprach- und Kulturmittlerin bei der Sprachbrücke in Kempten).| Fotocredit: Jürgen Pelzer, DW Bayern